Wenn Kinder flügge werden
Allgemein,  Familienleben

Nun die Fortsetzung… Teil 1

Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will. (François Rabelais)

Die Geschichte geht nun in die 2. Runde…

Unser Sonnenschein Till kam nun mit 3 Jahren in den Kindergarten. Es fiel recht schnell auf, dass er nicht altersgemäß sprach und sehr wild, fast unbeherrscht, war. Nun folgte ein Erstgespräch mit uns Eltern – das mich heute noch erschaudern lässt, denn es war nichts liebevolles, kein schönes Wort fiel, nur der Vorwurf, dass der Sohn nicht richtig entwickelt ist und deshalb von den anderen Kindern geärgert werden würde, ob wir das bisher nicht gemerkt hätten und dass es ja klar wäre dass das Kind „ADHS“ hat.
Wir wurden „nur“ darauf hingewiesen, dass wir doch bitte den Kinderarzt konsultieren sollten, keine weiteren  Tipps oder Anregungen.
Den Kinderarzt hatten wir natürlich schon vorher gesprochen, waren mehrfach da, nicht nur zu den U-Untersuchungen. Allerdings wurden wir darauf hingewiesen, dass sich Kinder nun mal unterschiedlich entwickeln, Jungs mit dem Sprechen häufiger später „dran“ wären. Da ich allerdings hartnäckig blieb und wieder zum Kinderarzt ging, überwies dieser uns zu einem Hals-Nasen-Ohrenarzt, bei diesem wir schnell einen Termin bekamen.

Beim Arzt beschlich mich gleich ein komisches Gefühl – da ich selbst aus dem medizinischen Bereich bin. Er untersuchte Till nur mit einem Otoskop (welches ich selbst zu Hause habe und fähig bin, es anzuwenden) und diagnostizierte einen „Ohrenschnupfen“. Nasenspray, und danach wäre alles gut, würde bald sprechen wie ein Wasserfall und wir würden uns wünschen, er wäre wieder ruhiger.

Mit dieser Diagnose war ich (wen überrascht es?) nicht zufrieden und holte mir eine 2. Meinung ein. Ich durchsuchte das Internet nach einem anderen Hals-Nasen-Ohren-Arzt und fand schnell einen, allerdings war es schwieriger bei diesem einen Termin zu bekommen, aber da ich unglaublich charmant sein kann bekamen wir einen früheren Termin.

Dieses mal – super Gefühl! Wer sich solch eine Arroganz erlauben kann, wie dieser, der muss spitze sein! Darauf möchte ich nicht weiter eingehen, aber dieser Arzt strotzte vor Arroganz! Allerdings ging er super auf das Kind ein, untersuchte mit seinen speziellen Geräten, überprüfte alles genau, nahm sich Zeit.

Nun folgte die Diagnose, die mein ganzes vorher gekanntes Leben bis heute auf den Kopf stellte:
Paukenerguss beidseits, wohl im Säuglingsalter, das Kind höre nur 10-30% was zum Sprechenlernen niemals ausreichen würde, vergrößerte Rachenmandeln, welche dies verursacht haben.

Die folgende ambulante OP in einem ambulanten OP-Zentrum, verlief komplikationsfrei.

Dieser Satz war so emotionsfrei wie nur möglich… wie es in mir aussah… meinen kleinen Sohn in der Vollnarkose zu sehen, vorher diese Sachen zu unterschreiben, schon seit Wochen nicht mehr zu schlafen, geschweige denn mich noch um meinen 2. kleinen Sohn zu kümmern, der von einer Phase der Entwicklung zur nächsten rutschte…  leicht war es nicht!

Gleich im Anschluss folgte Logopädie, erst 2 mal wöchentlich, dann einmal. Wir übten zu Hause Worte um den Wortschatz zu vergrößern, wie andere in fortführenden Schulen Vokabeln lernen. Till hatte keine Muttersprache – er musste sie mühsam lernen! Das brach mir das Herz!

Parallel zu den ganzen Geschichten hatte ich Kontakt aufgenommen zu einer Mama, nur online aber nicht weniger intensiv, wir sprachen einmal am Telefon. Deren Sohn hatte eine auditive Wahrnehmungsstörung, seine Krankheitsgeschichte glich unserer sehr. Von ihr bekam ich unglaublich viele Tipps, sie war so herzlich, so hilfsbereit, ich bin ihr bis heute sehr dankbar!

Aufgrund ihrer Tipps und den Telefonnummern, die sie mir gab, machte ich einen Termin im SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) in Heidelberg aus, welche ewige Wartezeiten hatten (12 Monate sind dort schnell) und bei der Lebenshilfe, welche eine Frühförderstelle haben. Die Dame der Frühförderstelle kam einmal die Woche zu uns zu Besuch, „spielte“ und förderte Till und war eine gute Ansprechpartnerin für uns. Sie stand uns mit Tipps und Tricks zur Seite, was uns zustehen würde, was wir beantragen könnten usw. Ohne sie wären wir nicht da, wo wir heute sind!

Im Kindergarten war Till weiter auffällig, aber sie konnten nichts ändern, wir ja auch nicht. Ohne die Diagnose „Entwicklungsverzögerung“ bekamen wir keinen Integrationsplatz. Till wurde immer mehr ausgegrenzt von den Kindern, die Erzieherinnen bestanden auf „ADHS“, ich empfand ihn einfach nur lebhaft und eben außergewöhnlich, denn das ist mein Kind… außergewöhnlich!

Außergewöhnlich stark
Außergewöhnlich wild
Außergewöhnlich liebevoll
Außergewöhnlich herzlich
Außergewöhnlich impulsiv
Außergewöhnlich fröhlich

Weiter gehts in Teil 3… freut Euch drauf!

8 Kommentare

  • Corinna

    Wunderschön geschrieben.
    Wünsche Dir und deiner Familie viel Kraft um das alles durchzustehen. Macht euer Ding und lasst die anderen reden. 👍👍👍

  • mamabeaslittleblog

    Vielen Dank für das Kommentar, wir sind natürlich schon viele Schritte weiter, ich werde immer mal wieder einen Blogbeitrag darüber verfassen, einen Kompletten wäre zu lange. LG

  • L❤ebe was ist

    eine unfassbare Lebensgeschichte – so wie dein Till! ich habe diesen Teil ja nun schon mehrfach gelesen und er berührt mich immer wieder … stelle es mir so grausam vor, wenn man einer Meinung zur nächsten hüpfen muss und einem eigentlich nicht weitergeholfen wird :/
    da muss auch die Mama sehr stark sein – aber das bist du: eine starke und tolle Mama 🙂
    liebste Grüße auch,
    ❤ Tina von http://www.liebewasist.com

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert