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Wie ich lerne, ICH zu werden – mein Weg zur Selbsterkenntnis Teil 1

Ja, ich bin eine Löwenmutter.

Ja, ich kämpfe für meine Kinder. Ja, ich tue alles für sie, alles, ich würde auch für sie sterben! Wenn ich es kann, beschütze ich sie.
Ich denke, das sind die Worte von den meisten Müttern. Auch meine! Warum läuft es dann bei meinem Sohn schief? Wie ich zu einer weiteren Selbsterkenntnis kam, erfahrt Ihr hier:

Mein Sohn reagierte seit Anfang des Jahres aggressiv auf Hänseleien. Und weil er so gut damit durch kam (die Schule ließ ihn regelmäßig abholen, was er gut fand, denn so konnte man sich super zu Hause vergnügen), wurde es immer schlimmer!

Am Ende war es so schlimm, dass er unbeteiligte Mitschüler verletzte (nicht direkt, aber wenn er loslegte, dann mit Türen knallen, und wenn da jemand stand – so what???) oder bedrohte. Ein Drohbrief, den er schrieb und malte, löste eine riesige Welle aus, die nicht aufzuhalten war! Er musste vollstationär in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Mein Leid war groß, ich musste Beruhigungstabletten nehmen um dem Stand zu halten.

Nach einer Weile wurden die Diagnosen besprochen und berichtet (Was ich dazu zu sagen hatte, interessierte dort niemanden). Zumindest wurde diagnostiziert (ich könnte kotzen, ehrlich): ADHS ist weg (hellau!), die Mutter ist Schuld, weil sie eine Glucke ist! Die Bindung ist zu eng, damit würde ich ihn aggressiv machen. Das müssten wir ändern. Auf gut Deutsch: Los, mach Deine Bindung zum Kind kaputt! Zu einem Kind, dass mit einem Fuß in der Pubertät steht! Super Idee! HEY, WIR HABEN DIE LÖSUNG! (das war natürlich eine überspitzte grobe Zusammenfassung, aber genau so war es sinnesgemäß gemeint)

Ach ja, nebenbei erwähnt, der Vater ist mit Schuld, hat er doch keine Bindung zum Kind. Till würde ihn nicht wahrnehmen als Vater, weil dieser nie da wäre. Mein Mann! Eigene Firma, selbstständig, im Home-Office, 24/7 zu Hause! Freie Zeiteinteilung. Hmmmmmm

Mein Mann brach danach den Kontakt zu den Therapeuten und Ärzten ab, ich führte weiter dort die Gespräche, allerdings immer den Vorwurf, eine schlechte Mutter (das Wort „schlecht“ wurde wirklich benutzt), sogar eine unnütze Mutter zu sein, die alles kaputt macht am Kind, weil sie nicht loslassen kann, habe ich versucht zu kommentieren, durfte ich aber nicht. Am Ende wurde die Therapie abgebrochen, weil wir nicht kooperativ waren. So steht es im Bericht.

Dass ich die Therapie abbrach, weil ich keinen Sinn drinnen sah und mein Kind dort sehr schlecht von Mitpatienten behandelt wurde, bis hin zur sexuellen Nötigung, was mit ihm so besprochen wurde, dass er es selbst verschuldet hätte, denn er würde sie ja provozieren (hey, erzählt das mal den Frauen in Köln vom Silvester 2016, ihr habt das selbst provoziert, warum zieht ihr Euch auch keine Kartoffelsäcke und Kopftücher an??). Vielleicht versteht mich ja jemand von Euch da draußen, dass ich das nicht hinnehmen konnte.

Er wurde erst auf Tagesklinik umgestellt damit er dort nicht mehr schlafen musste, aber relativ schnell entlassen.

Seitdem fiel Till nicht mehr aggressiv auf

Bis er auf seine neue Schule kam… warum auch immer, er wurde wieder aggressiv, bedrohte Mitschüler. Die Schule nahm Kontakt zu mir auf, damit ich reagieren konnte. Aber was soll man denn als Mutter tun??

Eine Lehrerin gab mir die Telefonnummer eines Entwicklungstherapeuten. Dieser war recht weit weg, aber er wäre eine Koryphäe. Vielleicht gäbe es Lücken in Tills Entwicklung, die geschlossen werden müssten.

Ich war skeptisch, hatte ich doch mit Therapeuten so viele schlechte Erfahrungen gemacht. Dennoch rief ich an und ließ mir einen Termin geben. Es ging recht schnell, weil jemand abgesagt hat und schon fuhr ich wenige Tage später hin, noch immer skeptisch und mit einer Angst im Gepäck, dass es jetzt wieder Vorwürfe hageln würde.

Ich stellte mich und meinen Sohn vor, was die Problematik ist.

Der Therapeut stellte sich seinerseits vor, er ist kein junger ‚Hüpfer‘ mehr, sondern ein pensionierter Sonderpädagoge, Psychologe und hatte in seiner beruflichen Laufbahn wohl viele Kinder mit solchen Problemen kennengelernt und bemerkt, dass der übliche Weg der Therapien nicht ausreicht. Er hat seine eigene Strategie entwickelt Eltern und Kindern zu helfen.

Im Laufe des Gespräches kam heraus (er brachte es direkt auf den Punkt, was ich schon so lange dachte!): Till hat eine Selbstwahrnehmungsstörung. Er sieht sich als den „König“ und alle anderen Menschen sind ihm untertan! Auch wir. Und Untertanen, die nicht folgsam sind oder den König ärgern, über ihn lachen, etwas tun, was dem König nicht gefällt, die werden dementsprechend behandelt.

Das liegt natürlich daran, dass er eine Krankheitsgeschichte hat und dadurch immer im Mittelpunkt stand. Wenn wir also jetzt wieder mit Therapien für ihn anfangen würden, würde es so weitergehen. Wenn wir allerdings nichts tun würden, dann auch.

Was denn nun??

Er muss vom Podest geschupst werden. Und wer soll das tun? Natürlich das Elternhaus. Das könnten allerdings nur Eltern, die ihrem „Erziehungsauftrag“ gewachsen sind. Nun war die Frage, warum wir das nicht sind.

Mein Mann ist es, aber alleine hat er nicht die nötige Kraft, denn er muss auch gegen mich kämpfen, ich war bisher nicht damit einverstanden, hatte Mitleid mit Till. Das war mir nicht bewusst.

Nun kam die Frage auf, warum ICH nicht die Kraft hatte, ihn so zu erziehen, wie er es bräuchte. Da war ein Rückblick in meine Kindheit nötig.
Ich bin in den 70ern geboren. Die Erziehung, die ich genossen hatte, war eher antiautoritär. Es war kaum Erziehung notwendig, habe ich gewusst, was man von mir erwartete. Noch dazu hatte ich einen 7 Jahre älteren Bruder, der mehr Aufmerksamkeit brauchte. Es gab bei mir nie Druck, ich konnte mich frei entwickeln, durfte bei allem mitentscheiden, sogar selbst entscheiden. Der Therapeut sagte, dass es ein kann, dass sich das für mich gut anfühlte und normal, aber dass mir so ein Stück Kindheit genommen wurde. Denn auch ich hätte Führung gebraucht, eine starke Hand, Regeln. Das war nicht gegeben.

Und das wäre die Lücke

Denn wem das fehle, der könne selbst nicht erziehen. Schon gar nicht Kinder, die aber eine starke Hand brauchen. Dass ich das zwar bisher ganz gut gemacht hätte, würde zeigen, dass ich einen starken Willen hätte, es richtig zu machen, aber das „Mittel“ in mir, fehlt. Das könne keiner auf Dauer aushalten, was erklärt, warum ich so ausgebrannt bin.

Dass ich so ein „Weichei“ bin (meine Worte, nicht die von jemand anderen), geradezu Glucke, war mir bewusst. Dass das aber bei meinem Kind diese Reaktion auslöste, war mir nicht bewusst. Er hat ganz klar die Führung übernommen und war damit überfordert.

Meine ganze Körperhaltung würde dafürsprechen (Witwenbuckel), meine Unsicherheit, meine Geschichte, wie sie weiterging, meinen „Sprachfehler“ (ich kann nicht „nein“ sagen), das alles verrät, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Dass das aber jetzt nicht innerhalb einer Woche gegessen ist nur durch diese Erkenntnis, ist auch klar.

Mir wurde angeboten, dass mir geholfen werden würde, in dem ICH eine Therapie bekäme.

Ich darf noch darüber nachdenken, werde dies aber tun, um mir zu helfen, eine starke Mutter zu werden, um meinen Kindern die Führung zu geben, die sie brauchen. Und für mich, zur Selbsterkenntnis, damit ich endlich die Frau bin, die ich sein soll, die in mir schlummert, die durch meine Unsicherheit aber immer drinnen bleiben musste.

Und vielleicht kann ich danach auch den Hund besser erziehen!

Eure Bea.

 

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